Ach du meine Güte, was soll dieser Titel nun schon wieder bedeuten? Sollte man nicht lieber sachlich und bescheiden bleiben, anstatt mit grellen Überschriften die wenigen Besucher dieser Website zu vergraulen? Nun, mir war danach, ein wenig auf den Putz zu hauen, weil das Objektiv, über das ich heute schreiben will, durchaus einen kleinen Trommelwirbel verdient hat.
Es hat schon einige Jahre auf dem Buckel – nicht mein Exemplar, welches nagelneu ist, sondern das Objektiv an sich. Als das Olympus 2.0/12mm im Jahr 2011 auf dem Markt erschien, diente das Attribut premium als stolzes Statement. Tatsächlich hob sich die Linse von allem ab, was Olympus bis dahin für Micro Four Thirds entwickelt hatte, und setzte damit einen neuen Standard für hochwertige Festbrennweiten: Metallkonstruktion, Lichtstärke, neuartige ZERO-Beschichtung, manual focus clutch (Fokussierring als AF/MF-Schalter), MSC-Mechanismus für besonders leisen Autofokus.
Was mehr als ein Jahrzehnt später angesichts dieses deutlichen Fortschritts noch immer beeindruckt, ist die unglaubliche Kompaktheit und Leichtigkeit des Objektivs. Es wiegt gerade mal 130g, hat eine Länge von 43mm und ein Filtergewinde von 46mm – es ist geradezu winzig. Tatsächlich ist der Vergleich mit Leica-M-Objektiven nicht ganz abwegig, auch wenn diese analoges Kleinbildformat bedienen.
Umgerechnet auf Kleinbild verhalten sich die 12mm wie ein 24mm-Weitwinkel. Damit kriegt man schon eine ganze Menge aufs Bild. Das erscheint heute ganz normal und für Vlogging-Zwecke sogar fast schon zu eng, aber früher galten 24mm eher als extreme Brennweite, die keinem natürlichem Blickwinkel entsprach.
Der Offenblendenwert gibt in der Micro-Four-Thirds-Welt immer wieder Anlass zu Diskussionen. Lichtstärke ja, aber Freistellung durch gezielte Unschärfe? Reicht da ein Wert von 2.0 wie bei unserem little bad boy? Zunächst einmal die wirklich wichtige Nachricht: Man kann das Objektiv tatsächlich mit Offenblende verwenden, ohne nennenswerte Abstriche in der Qualität hinnehmen zu müssen. Aber um mit einem KB-24mm-Weitwinkel Motive freistellen zu wollen, muss man schon einen bedenklichen Masochismus kultivieren. Klar, das geht, nämlich im absoluten Nahbereich. Ansonsten ist das Objektiv einfach nicht für eine solche Verwendung vorgesehen. Was man allerdings erwähnen sollte: Die Unschärfebereiche – wenn es sie denn gibt – zeichnet das Objektiv richtig schön, im folgenden Bild sogar richtig schön blurry, weich und aufgelöst.
Porträts mit dem 2.0/12mm? Kein Problem, solange die Nase nicht zu nah an die Kamera heranzoomt. Mal ehrlich, mit Weitwinkel-Objektiven kann man beeindruckende Effekte erzielen, eben weil sie nicht unserer natürlichen Sichtweise entsprechen und im Nahbereich zu perspektivischen Verzerrungen neigen. Wenn ich ein Motiv neutral bzw. natürlich abbilden will, gehe ich entweder auf Abstand oder wähle eine Brennweite im Normal- bzw. Telebereich aus.
Nichtsdestotrotz sind die 12mm/24mm eine ungemein nützliche Brennweite: in der Stadt oder auf dem Land, tatsächlich sogar vielseitiger, als man denkt – fast schon ein echter Allrounder. Die Bildqualität lässt dabei nichts zu wünschen übrig. Chromatische Aberrationen und Verzeichnungen sucht man vergeblich. Inwiefern dabei die Kamera-Software helfend unter die Arme greift, spielt in der Praxis keine große Rolle. Für das Olympus 2.0/12mm kann man aber getrost behaupten dass es von Haus aus optisch sehr gut konstruiert und korrigiert ist.
Das Objektiv verfügt nicht nur über eine sehr gute Abbildungsleistung ohne sichtbare Schwächen, es ist – wie schon erwähnt – auch geradezu winzig. Im Grunde kann man es selbst dann noch einpacken, wenn die Kameratasche bereits voll ist. Im Zweifelsfall landet es in der Jackentasche, ohne dick aufzutragen. Mann kann es immer dabei haben, ohne sich über Gewicht oder Größe den Kopf zerbrechen zu müssen, und das kann durchaus ein entscheidender Vorteil sein.
Mit einem Preis um die € 600,00 ist das Objektiv nicht gerade billig. Die ursprüngliche Preisempfehlung lag noch weitaus höher – Premium-Objektiv eben. Hier und da bekommt man es günstiger, manchmal ist es Teil diverser Cashback-Aktionen. Aber selbst dann ist es noch ein stolzer Preis für eine in vielerlei Hinsicht äußerst hochwertige Linse, die jedoch in der Praxis keine Wunder vollbringt, sondern einfach nur sehr gut abbildet. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich noch nicht getestet habe, welchen Mehrwehrt die 2.0/12mm-Festbrennweite gegenüber dem Olympus Standardzoom 2.8/12-40mm oder dem Leica Vario-Elmarit 8-18mm hat. Fakt ist, man kann diese Brennweite schon sehr gut mit Zoomobjektiven abdecken. Ob die Festbrennweite demgegenüber noch ein Schippchen drauflegen kann, werde ich mir bei Gelegenheit mal ansehen.
Unabhängig von einem solchen Vergleich ist das Olympus 2.0/12mm ein beeindruckendes Objektiv. Die Kombination von minimaler Größe bei hoher Lichtstärke, starker Abbildungsleistung und hervorragender Haptik gibt hier den Ausschlag, insbesondere für Festbrennweiten-Liebhaber mit einem Faible für leichte Ausrüstung. Ein schönes Objektiv für viele Gelegenheiten.