Warum Micro Four Thirds?

Es gibt eine ganz einfache Antwort auf die Frage, warum ich mich für ein bestimmtes Kamerasystem entscheide: weil ich es sexy finde. Eine Kamera, ein Objektiv – es muss immer auch ein bisschen Liebe im Spiel sein. Micro Four Thirds begleitet mich, seit ich mir im Jahr 2009 die damals revolutionäre G1 von Panasonic gekauft habe. Revolutionär war diese Kamera, weil sie als erste spiegellose Systemkamera die Welt der digitalen Fotografie veränderte: keine Spiegelreflexkamera, keine Messsucherkamera, keine Kompaktkamera, sondern etwas völlig Neues. Wirklich gemocht habe ich sie nicht, doch trotz aller Schwächen der G1 war schon damals klar, dass spiegellose Systemkameras die Zukunft der Fotografie darstellten.

Dabei war es umso bemerkenswerter, dass dieses System auf einem im Grunde offenen Standard beruhte, den verschiedene Firmen teilten. Kurz nach der Panasonic G1 erschien die Olympus E-P1 in einem ganz anderen, bildschönen Design. Man wusste nicht genau, wohin die Reise gehen würde, aber gerade das machte die Entwicklung des Systems so spannend.

Panasonic G1
Die gute, alte Panasonic G1 mit Standardzoom und Tomate – lecker!

Eins spielte in der damaligen Diskussion keine Rolle: die Größe des Sensors. In der digitalen Fotografie spielte das Kleinbildformat noch keine Rolle, es erschien nicht einmal erstrebenswert. Keine Digitalkamera machte rauschfreie Fotos, trotzdem waren alle auf ihre Art leistungsfähig, schön oder sogar revolutionär.

Heute klingt es meist so, als sei das sogenannte Vollformat der Weisheit letzter Schluss. Doch das ist es nie gewesen. Das Kleinbildformat war stets nur ein handlicher Kompromiss im Bereich der Sport- und Reportagefotografie. In analogen Zeiten leisteten sich selbst Amateure gern eine Mittelformatkamera für die wirklich guten, die technisch anspruchsvollen Fotos.

Seit 14 Jahren treiben Kameras des m4/3-Standards die Entwicklung spiegelloser Fotografie und natürlich Videografie voran. Gibt es bessere Kameras? Vielleicht. Machen Kameras anderer Hersteller, anderer Systeme bessere Fotos? Auf gar keinen Fall.

Der Begriff Low Light ist zu einem echten Totschlag-Argument geworden. Ein Foto, welches in fast völliger Dunkelheit aufgenommen wurde und dennoch möglichst wenig Bildrauschen zeigt, gilt als Maßstab für das Leistungsvermögen einer Kamera und im schlimmsten Fall sogar als Beispiel für den Sinn von Fotografie selbst. Je dunkler, desto besser. Was für eine heillose Verwirrung.

Ich fotografiere gern bei gutem Licht, auf der Suche nach einem interessanten Motiv. Wenn mein Motiv im Dunkeln liegt, muss ich als Fotograf bereit sein, Kompromisse einzugehen: Blitzlicht, künstliche Beleuchtung, Stativ oder eben Einbußen bei der Bildqualität. Das ist fotografische Hausmannskost, nichts weiter. Soll denn ernsthaft die Möglichkeit, die Empfindlichkeit um eine weitere ISO-Stufe hochzuschrauben über den Wert eines Kamerasystems entscheiden?

Micro Four Thirds ist weitestgehend auf zwei große Firmen beschränkt geblieben: Panasonic und Olympus, wobei letztere in jüngerer Zeit durch den Verkauf der Fotosparte, die nun als OM-System neu aufgebaut wird, Anlass zur Sorge gab.

Ich mag die Kameras beider Hersteller, wobei mir Olympus im Bereich der Fotografie immer als wegweisend erschien: irrsinnige Farben out of the camera, IBIS (Bildstabilisierung in der Kamera), zuletzt HiRes-Shots und Live-ND-Modus. Andere Hersteller bauen Kameras mit größerem Sensor, schnellerem Autofokus, besserem Tracking: so what?!

Sowohl Olympus als auch Panasonic haben in den letzten 14 Jahren wahnsinnig gute Objektive gebaut: manchmal miniaturisierte Schätzchen, manchmal kompromisslose Profilinsen. Für jeden Anspruch und jeden Geldbeutel ist etwas dabei. Wer mag, kann mit dem System ultraleicht und ultrakompakt unterwegs sein, ohne Abstriche bei der Qualität machen zu müssen, ohne auf eine andere Sensorgröße umstellen zu müssen.

Erst neulich ist mir bewusst geworden, dass ich gerade auch das native Bildverhältnis von 4:3 mag. Ein Porträt im Hochformat wirkt damit weitaus natürlicher als mit dem länglicheren 3:2. Zu analogen Zeiten war ich ein Fan des kleinen Mittelformats: 6×4,5. Ich besitze noch immer die Mamiya 645 in verschiedenen Ausführungen. Ein tolles, ein erschwingliches System. Das Format entspricht dem Bildverhältnis 4:3.

Hat Micro Four Thirds noch eine Zukunft? Nachdem Panasonic und OM-System in jüngster Zeit mit der GH6 und OM-1 wirklich starke Kameras auf den Markt gebracht haben und nach wie vor grandiose Objektive entwickeln, bin ich geneigt, an eine solche Zukunft zu glauben. Aber was bedeutet das schon? Das System ist verfügbar, hier und jetzt, es wird nicht von heute auf morgen vom Markt verschwinden. Kann ich mir in fünf Jahren noch eine neue Kamera für meine tollen Objektive kaufen? Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir sicher, dass die Kameras, die ich jetzt benutze, auch in fünf Jahren noch funktionieren werden, weil sie sich Tag für Tag als äußerst zuverlässig erweisen. Fotografie ist ein Geschenk des Augenblicks, ein gegenwärtiger Akt, und sollte nicht als Investition bewertet werden. Ich liebe Micro Four Thirds, weil ich damit hier und jetzt fotografieren kann, so, wie es mir gefällt und ohne darüber nachdenken zu müssen, ob das Werkzeug, das dabei zum Einsatz kommt, dem Zeitgeist entspricht.

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