Massive Verzerrungen

Ich weiß nicht, ob man mich als Fan bezeichnen muss, aber ich habe eine Schwäche für die Fisheye-Perspektive, seit ich vor einigen Jahren mit dem Pentax DA 10-17mm Fisheye-Zoom fotografiert habe. Genauer gesagt, handelte es sich um das mit Pentax kompatible, von Samsung unter der Marke Schneider-Kreuznach vertriebene D-Xenogon Fisheye 10-17mm.

Wie man unschwer erkennt, war diese Linse ein Fisheye-Zoomobjektiv, was ich sehr ungewöhnlich, aber ungemein praktisch fand. Während man bei der Brennweite von 10mm (Kleinbild: 16mm) ein waschechtes Fisheye zur Hand hatte, milderte sich dieser Effekt in Richtung 17mm (Kleinbild 34mm) stark ab, sodass es kaum noch von einem gewöhnlichen Weitwinkel zu unterscheiden war. Was mir an diesem Objektiv gleich auffiel, war die hervorragende Schärfe, verbunden mit einer schönen Farbgebung und eben einer angenehmen, Fisheye-typischen Verzerrung.

Mal abgesehen davon, dass ich mir ein solches Zoom für Micro Four Thirds wünsche, war klar, dass ich mich früher oder später auch in diesem System weitwinkelig austoben würde. Da gibt es im Extrembereich inzwischen einige Optionen – entschieden habe ich mich zunächst für das Leica Vario-Elmarit 8-18mm und das Olympus 8mm Fisheye. Beide Objektive sind für sich genommen echte Spitzenobjektive. Das Vario-Elmarit glänzt mit einem sehr nützlichen Zoombereich bei akzeptabler Lichtstärke und moderat kompakter Bauweise. Das Olympus Fisheye ist dagegen ein auf Leistung getrimmter Spezialist. In diesem Artikel möchte ich ein wenig auf die Unterschiede eingehen, wenn auch nur im Ansatz, da ich noch keine Gelegenheit hatte, jeden Aspekt der zwei Objektive unter die Lupe zu nehmen. Es könnte sehr gut sein, dass ich diesem Artikel später noch weitere folgen lasse – weil ich einfach gerne zu beiden Objektiven greife.

Es geht hier sicherlich nicht darum, welches Objektiv besser ist – beide sind hervorragend, so viel vorweg. Das Vario-Elmarit erfüllt als Allround-Weitwinkelzoom viele Aufgaben, schließlich ragt es am langen Ende fast in den Normalbereich. Es ist der ideale Begleiter bei einer Stadtbesichtigung. Das 8mm Fisheye von Olympus dagegen hängt stark davon ab, ob man sich mit der Fisheye-Perspektive anfreunden kann. Diese Voraussetzung ist bei mir sicherlich gegeben, bei anderen Fotografen mag das ganz anders aussehen. Und natürlich besteht immer die Gefahr, dass der Fisheye-Effekt auf Dauer etwas ermüdet. Deshalb wird man sich eher selten allein auf ein solches Objektiv verlassen.

Die Ausgangssituation ist folgende: An einem sehr sonnigen und extrem heißen Tag habe ich meine Olympus E-M1 III in Düsseldorf spazieren geführt. Mit beiden Objektiven im Gepäck und angesichts der zu erwartenden Hitze war meine Fototasche bereits schwer genug – trotzdem habe ich für alle Fälle noch das Olympus 1.8/45mm eingepackt, da es nicht so dick aufträgt.

Eine große Schwierigkeit von Fisheye-Objektiven ergibt sich aus der an sich wünschenswerten Tatsache, dass sie alles Mögliche mit aufs Bild bringen. Im Zweifelsfall kann das der Schatten des Fotografen sein oder auch die Sonne selbst, mitunter einfach eine Kleinigkeit am Rande, die man nicht einmal bewusst wahrnimmt. Hier ist also höchste Aufmerksamkeit gefordert, und selbst dann lässt sich nicht immer ein eher ungewollter Vordergrund ausblenden, es sei denn, man hat in der Nachbearbeitung die Möglichkeit, das Bild entsprechend zu beschneiden.

Hochformat
Das Dreischeibenhaus mit dem Olympus 8mm Fisheye: alle möglichen Schatten im Vordergrund
Querformat beschnitten
Das gleiche Bild im Querformat mit beschnittenem Vordergrund

Es schadet also nicht, beim Gebrauch eines Fisheye-Objektivs auf Beschneidungsreserven zu achten. Ansonsten sollte man sich sehr gut überlegen, was mit aufs Bild soll oder nicht. Zum Vergleich eine Aufnahme mit dem Vario-Elmarit, welches in dieser Hinsicht deutlich mehr verzeiht.

8-18mm unbeschnitten
Aufnahme mit dem Leica Vario-Elmarit bei 8mm – unbeschnitten

Im direkten Vergleich sieht man sofort sehr gut die unterschiedlichen Bildcharakteristika. Im Fisheye-Foto schwingen die vertikalen und horizontalen Linien, während sie sich bei der Superweitwinkel-Aufnahme schrägstellen. Es sind alternative Möglichkeiten, mit der extremen Perspektive umzugehen. Man beachte aber auch die Darstellung der Bildränder. Beim Fisheye werden die Gebäude an der Seite viel natürlicher abgebildet als beim Superweitwinkel, wo sie unnatürlich verzerrt sind. Bei den Wolkenzeichnungen am Himmel spielen die Unterschiede keine nennenswerte Rolle.

Verzerrt wir also in beiden Fällen mehr oder weniger heftig. Welche Art der Verzerrung man vorzieht, ist letztlich Geschmachssache. Ich würde sagen, beim Superweitwinkel liegt der Schwerpunkt auf der Bildmitte, die möglichst unverzerrt wiedergegeben werden soll. Bei Fisheye dagegen wird vielmehr ein stimmiger Gesamteindruck erzeugt – auf Kosten gerader Linien.

Als Zoomobjektiv hat das Vario-Elmarit natürlich einen kleinen Vorteil, wenn es um die Wahl des Bildausschnitts geht. Nicht immer kann man näher ans Motiv herangehen, sei es wegen natürlicher Hindernisse oder weil das Hauptmotiv zu groß ist. Da kommt so ein Zoom sehr gelegen.

Vario-Elmarit bei 8mm
Vario-Elmarit bei 8mm, Blende 8.0
Vario-Elmarit bei 18mm
Vario-Elmarit bei 18mm, Blende 8.0
Olympus 8mm Fisheye
Zum Vergleich das Olympus 8mm Fisheye, Blende 8.0

Interessant wird das Olympus 8mm Fisheye vor allem dort, wo es eng wird. Hier erschafft das Objektiv ungewöhnliche Blickwinkel, ohne in unendlichen Weiten zu erschlaffen.

Landtagsbrunnen
8mm Fisheye: Landtagsbrunnen
Im Medienhafen
8mm Fisheye: Im Medienhafen
Gehry-Bauten und Rheinturm
8mm Fisheye: Gehry-Bauten und Rheinturm

Natürlich fallen bei den architektonischen Verwindungen von Frank o. Gehry im Düsseldorfer Medienhafen die Verzerrungen eines Objektivs kaum ins Gewicht.

Vario-Elmarit bei 8mm
Vario-Elmarit bei 8mm

Ein Fisheye sorgt immer für ein bisschen Aufregung im Bild. Es macht die Welt auf kleinem Raum ein bisschen spannender, weniger alltäglich. Aber wie gesagt, man kann sich daran auch satt sehen.

Olympus 8mm Fisheye
Olympus 8mm Fisheye

Das Vario-Elmarit kann dagegen auch majestätische Ruhe ausstrahlen, insbesondere wenn man nicht bis in den Bereich des Superweitwinkels aufzoomt. Insofern ist es klar vielseitiger, universeller einsetzbar.

Vario-Elmarit bei 14mm (28mm Kleinbild)
Vario-Elmarit bei 14mm (28mm Kleinbild)
Vario-Elmarit bei 18mm (36mm Kleinbild)
Vario-Elmarit bei 18mm (36mm Kleinbild)

Wahrscheinlich ist dem aufmerksamen Betrachter die wärmere Farbgebung des Vario-Elmarits aufgefallen. Die Farben des Olympus-Objektivs wirken doch etwas neutraler. Das kann allerdings auch daran liegen, dass ich für das Vario-Elmarit ein Polfilter verwendet habe – ein weiterer Vorzug auf den das Fisheye wegen seiner gewölbten Frontlinse und fest verbauten Streulichtblende verzichten muss. Natürlich hätte man die Farben bei der Nachbearbeitung leicht angleichen können, worauf ich bewusst verzichtet habe.

Zum Schluss soll haber auch das Olympus 1.8/45mm noch seinen kleinen Auftritt haben. Da man es aufgrund seiner Kompaktheit immer dabei haben kann, ist es nicht so abwegig, es hin und wieder auch zu gebrauchen.

Olympus 1.8/45mm bei Blende 5.6
Olympus 1.8/45mm bei Blende 5.6
Olympus 1.8/45mm bei Blende 5.6
Olympus 1.8/45mm bei Blende 5.6
Olympus 1.8/45mm bei Blende 1.8
Olympus 1.8/45mm bei Blende 1.8

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